Eine SPD-Fahne weht vor grünen Bäumen (Symbolbild)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Sina Schuldt

Vor allem auf dem Land haben die Ortsverbände der SPD zu kämpfen.

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Wie sich SPD-Verbände umstrukturieren

Die Bayern-SPD hat immer weniger Mitglieder und dadurch immer mehr Verwaltungsaufwand. Das liegt an den Strukturen. Ändern lässt sich das, indem die Partei Ortsvereine auflöst. Aber es gibt noch einen anderen Ansatz.

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

Die bayrische SPD muss sparen. Seit Jahren sinken Mitgliederzahlen und Prozentpunkte bei den Wahlen. Und weniger Stimmen bedeuten auch weniger Geld aus der Parteienfinanzierung - während die Verwaltungskosten hoch bleiben. Die Bayern-SPD will das ändern und überlegt, inaktive Ortsvereine aufzulösen.

Ortsverbände ohne Vorstände

In einem internen Papier, das dem BR vorliegt, listet die bayerische SPD Maßnahmen auf, um die Strukturen zusammenzufassen. Wie bereits berichtet, geht es dabei unter anderem darum, etliche Geschäftsstellen im Freistaat aufzulösen und deren Arbeit auf wenige zentrale Stellen zu verlagern.

Laut dem SPD-Papier haben in Bayern 183 SPD-Ortsverbände keinen Vorstand mehr. Deshalb sollen Ortsverbände, in denen sich schon seit mindestens drei Jahren kein Vorstand mehr finden lässt und deren "Wiederbelebung auf absehbare Zeit" nicht in Sicht ist, aufgelöst werden.

Hat sich lokales Engagement verändert?

Fritz Müller ist Vorsitzender des mittelfränkischen Kreisverbandes Erlangen-Höchstadt und schon seit Jahrzehnten aktiv im Ortsverband in Heroldsberg. Er erinnert sich gerne an die Hochzeiten der SPD zurück: "Wir hatten monatliche Sitzungen, haben uns an Ferienprogrammen der Gemeinde für Kinder beteiligt und auch nicht-politische Veranstaltungen wie Musik oder Kabarett organisiert." Vor allem aber hätten sie sich, um "viele kleine Sorgen und Nöte" der Anwohner gekümmert.

Die ländlichen, persönlichen Strukturen hätten geholfen: "Es ging viel über den Gartenzaun hinweg", sagt Müller. Heute wäre das nicht mehr möglich, glaubt er. Der Ort habe sich durch seine Stadtnähe zur "Schlafstadt" entwickelt. Das Parteileben sieht der SPDler heute viel stärker durch soziale Medien geprägt als durch direkte Kontakte vor Ort.

Konrad Gubo, Vorsitzender des Ortsverbandes Eckental, glaubt, dass alle Ortsvereine mit einem Mitgliederschwund kämpften, nicht nur die SPD: "Ich denke, da hat sich was verändert in der Gesellschaft." Menschen seien weniger verbindlich, als früher. Gubo erzählt: "Viele sagen jetzt eben: 'Wenn ich was machen will, dann tu’ ich's, und wenn ich das nicht mehr machen will, dann lass’ ich's.'"

So will die SPD Ressourcen sparen

Vor knapp 25 Jahren zählte die SPD im Freistaat noch rund 94.000 Mitglieder. Inzwischen sind es nur noch 49.000. Inaktive Ortsvereine können Ämter wie Vorstände, Kassierer oder Beisitzer nicht mehr besetzen. Deren Verwaltungsaufgaben fallen dann auf hauptamtliche SPDler zurück. Werden die Ortsvereine aufgelöst, spart das Kapazitäten bei den Hauptamtlichen, so die Argumentation.

Deshalb braucht es Ortsvereine

Gubo ist seit fast 50 Jahren Mitglied der SPD Eckental. Er hält Ortsvereine als Struktur für absolut notwendig. "Das ist die unterste Ebene der Kommunalpolitik, die für die Wahlen zuständig ist." Beispiele seien Gemeinderäte und Bürgermeisterwahlen, denn: "Da ist es gut, wenn sich Menschen vor Ort zur Verfügung stellen und die Arbeit machen, mitentscheiden."

Wenn die Partei auf dieser Ebene nicht mehr vertreten sei, sieht Gubo Probleme darin, Kandidaten zu unterstützen, die bei kommunalen Wahlen antreten. Denn Ortsvereine bieten als Struktur vor Ort zudem eine gewisse Unterstützung für ihre Kandidaten. Sie können zum Beispiel dabei helfen, Plakate zu kleben oder Veranstaltungen zu organisieren. Wenn ein Ortsverein wegfällt, könne das für die Partei die Wahlen auf Kommunalebene erschweren.

Zusammenlegung statt Auflösung

Eine Alternative zur Auflösung von Vereinen ist die Fusionierung. In Mittelfranken haben sich inzwischen ein paar Ortsvereine freiwillig mit anderen zusammengeschlossen. Der Ortsverband Kalchreuth fusionierte beispielsweise mit dem Ortsverband Heroldsberg. "Vor 30 Jahren hatte Kalchreuth noch einen SPD-Bürgermeister", erzählt Fritz Müller. "Die letzten zwei Wahlperioden hat es die Kalchreuther-SPD gar nicht mehr geschafft, einen Kandidaten aufzustellen." Seit sich die beiden Vereine zusammengetan haben, sei die SPD in Kalchreuth aber wieder präsenter.

Fusions-Vorbild Nürnberg Nordost

Freiwillige Fusion – diesen Weg hat auch die SPD im Ortsverband Nürnberg Nordost gewählt. Der besteht aus drei ehemaligen Ortsvereinen: Nürnberg-Ziegelstein hatte immer wieder Probleme damit, einen Vorstand zu finden. In Nürnberg-Buchenbühl kamen von circa 20 Mitgliedern nur die Hälfte zu Parteitreffen und Stammtischen. Und Nürnberg-Nordostbahnhof war zwar aktiv und mitgliederstark, aber trotzdem bereit zur Fusion mit den Ortsverbänden anderer Genossinnen und Genossen.

"Vor einem Jahr haben wir festgestellt, dass wir sehr viel unserer Arbeitskraft vor allem in formale Themen stecken", sagt Mitglied Tasja Prölß. Zum Beispiel hätten die drei Ortsverbände drei Kassen gehabt und hätten jeweils eigene Wahlen für Vereinspositionen organisieren müssen. Ineffizient, findet Prölß. Und: "Es ist einfach viel effizienter, das zusammenzufassen, um dann auch mehr Zeit für Dinge zu haben, die in die politische Richtung gehen."

Ortsverein will Strukturen an Mitglieder anpassen

Prölß hat inzwischen wieder mehr Zeit, um sich um Inhalte zu kümmern: als Stadteilsprecherin. Das ist eine neue Position, die für die Sorgen und Nöte der Menschen vor Ort da ist. Prölß sieht die Zusammenlegung als Chance. Die Struktur müsse zu den Menschen vor Ort passen, findet sie. Das erfordert Engagement von aktiven Mitgliedern, denn: "Wenn wir für Fortschritt stehen wollen, dann dürfen wir uns nicht von alten Strukturen fesseln lassen. Sondern die aktiv verändern, sodass es für uns passt".

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