Die Verwaltung bietet neue Online-Angebote für die Bürger (Symbiolbild).
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Digitalisierung in Bayerns Behörden geht schrittweise voran

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Digitale Verwaltung - Rathäuser werden bürgerfreundlicher

Bei der Digitalisierung hat Bayern 2023 bundesweit einen Spitzenplatz. Allerdings wurde auch im Freistaat das Ziel verfehlt, für jeden Behördengang eine Online-Alternative anzubieten. Immerhin werden digitale Angebote weiter ausgebaut.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Berufspendler und Familien mit kleinen Kindern treiben die starren Öffnungszeiten von Rathäusern und Behörden regelmäßig zur Verzweiflung. Die Digitalisierung der Amtsstuben soll helfen, Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Viele Anträge lassen sich inzwischen über Bürgerserviceportale der Städte und Gemeinden oder das "BayernPortal" finden und online ausfüllen. Die Identifikation funktioniert dabei über den digitalen Personalausweis oder mithilfe des Elster-Zertifikats, mit dem Berufstätige auch ihre Steuererklärung online beim Finanzamt einreichen können.

Online-Angebote unterscheiden sich je nach Wohnort

380 "Digitale Rathäuser" im Freistaat haben bisher mehr als 50 Angebote freigeschaltet. Erlangen liegt bayernweit an der Spitze, mit über 300 digitalen Dienstleistungen, gefolgt von Nürnberg und Regensburg. Trotz großem Nachholbedarf in ländlichen Gemeinden, die selten mehr als 20 Online-Angebote ins Netz stellen, sieht das Digitalministerium deutliche Fortschritte in den Verwaltungen. Verbreitet sind vielerorts Online-Terminbuchungen über das Serviceportal der Kommune und einfache Amtsvorgänge möglich wie die Beantragung eines polizeilichen Führungszeugnisses, Kontakt zum Abfallwirtschaftsamt oder die Verlängerung eines Anwohner-Parkausweises.

Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) erklärt, das bayerische Erfolgsrezept bestehe in der "engst-möglichen Zusammenarbeit" mit der kommunalen Ebene, wo der Staat auf die Lebenswirklichkeit der Menschen treffe. Viele behördliche Anliegen lassen sich inzwischen komplett online erledigen. Allerdings unterscheidet sich dabei das Angebot der verschiedenen Behörden stark. Sogar die an sich unkomplizierte Anmeldung für die Hundesteuer inklusive Bankeinzug ist noch nicht überall möglich. Auch die bayerischen Bezirke haben die Digitalisierung bislang unterschiedlich schnell umgesetzt. So ermöglicht der Bezirk Unterfranken 57 Online-Verfahren, der Bezirk Oberpfalz nur eines.

Das Digitalministerium unterstützt den Aufbau behördlicher Online-Angebote durch verschiedene Programme bislang mit 15,4 Millionen Euro. Als Service für die Städte und Gemeinden bietet es auch Online-Verwaltungsleistungen zum Beispiel als fertige Softwarepakete an. Bis Jahresende sind die sogenannten "Bayern-Packages" mit über 200 Onlineangeboten kostenlos. Im Rahmen seiner Digitalstrategie setzt der Freistaat verstärkt auf den Ausbau der Kompetenzen in den Rathäusern und die nötige Infrastruktur.

Digitalisierung macht Verwaltungsarbeit langfristig effizienter

Knackpunkt ist in vielen Rathäusern die Finanzkraft und ausreichend qualifiziertes Personal, das die Veränderungen, die mit dem digitalen Umbau von Verwaltungsabläufen einhergehen, auch bewältigt. Zunächst bedeutet ein zusätzliches digitales Angebot mehr Arbeit in den Behörden.

In der Gemeinde Haar bei München sieht Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) in der Digitalisierung die Zukunft für die Verwaltung. Er hat ein eigenes Innovationsamt und eine eigene Digitalisierungsstrategie entwickelt und erklärt: "Natürlich gibt es auch immer technische Hürden. Wenn neue Prozesse, neue Dinge, eingeführt werden, da muss viel ausprobiert werden. Und hier wäre dringend geboten, Bürokratisierung abzubauen – und mehr Mut."

Bukowski hat viele Pläne. So soll eine neue Bürger-App schon bald unkompliziert Kontakt zum Rathaus Haar herstellen, beispielsweise wenn eine Straßenlaterne kaputt ist. Und ein dreidimensionaler, virtueller Stadtplan, ein sogenannter digitaler Zwilling, soll mithilfe von Grundstücksdaten, Sensoren zu Verkehrsmessung und weiteren Informationen schon bald die Stadt- und Bauplanung vereinfachen und auch dem Gewerbe Vorteile bringen, etwa digitale Bauanträge ermöglichen und ein besseres Leerstandsmanagement.

Bürokratische und rechtliche Hürden werden gesenkt

Die Digitalisierung hängt eng mit rechtlichen Fragen zusammen. Viele werden auf EU-, Bundes- und Landesebene geregelt. Kritische Fragen etwa zum Datenschutz werden dabei gegen andere Grundrechte abgewogen, sei es Gesundheitsschutz oder das Recht auf Bildung, erklärt Digitalrechtsexperte Professor Dirk Heckmann von der TU München. Er hat die Staatsregierung zur Ausgestaltung des Bayerischen Digitalgesetzes beraten und plädiert für weniger Regelungen und Bürokratie bei Online-Angeboten. Das Ziel ist insgesamt mehr Effizienz.

Neuerdings ist je nach Wohnort beispielsweise die An- oder Abmeldung des Autos komplett digital möglich. Wer einen neuen Reisepass im Amt beantragt, kann diesen später, mit Handy-PIN und Fingerabdruck, rund um die Uhr am Ausweisterminal abholen. So ein Terminal haben neben Großstädten wie Nürnberg und Augsburg auch engagierte Rathäuser wie das in Haar bei München.

Digitalrechtsexperte Heckmann betont: "Die seit November geltende Änderung im Ausweisrecht ist wegweisend, weil wir plötzlich jetzt eine neue Infrastruktur bekommen mit diesen Ausgabeautomaten und künftig auch für andere Behördendokumente nutzen können."

In Haar bei München hat Einwohnerin Claudia Trisl das Serviceterminal schon einmal ausprobiert. Als Berufstätige sei die flexible Abholung viel praktischer als bisher, sagt Trisl, weil dafür kein Rathaustermin zur normalen Arbeitszeit mehr nötig ist. "Das spart schon Zeit und ich hoffe, dass das mit der Digitalisierung gerade in Rathäusern vorangeht."

Für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürgen ist die Digitalisierung hingegen eine Hürde, die ihnen Angst macht und sie nicht selten hilflos zurücklässt.

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