Wolfgang Schäuble (CDU) bei einem Interview im Juni 2021
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Wolfgang Schäuble (CDU) bei einem Interview im Juni 2021

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Wolfgang Schäuble: Die graue Eminenz tritt ab

Für den 79 Jahre alten Wolfgang Schäuble (CDU) endet seine Zeit als Präsident des Deutschen Bundestages. Kritiker aus Bayern sagen, dass er am Wahldebakel der Union eine gehörige Portion Mitschuld trage. Er habe auf das falsche Pferd gesetzt.

Wolfgang Schäuble ist und bleibt ein Urgestein der CDU. In die ist er 1965 eingetreten und der will er künftig auch im 20. Deutschen Bundestag treu bleiben. Und wenn es denn so sein soll, halt auch als einfacher Abgeordneter in der Opposition. Wolfgang Schäuble kennt das Oppositionsleben natürlich - er hat SPD-regierte Bundesregierungen miterlebt. So oder so aber beginnt heute mit dem Zusammentritt des 20. Deutschen Bundestages für Wolfgang Schäuble das Finale einer beispiellosen Politikerkarriere.

Einer der Architekten der Deutschen Einheit

Im Laufe dieser Karriere war Schäuble mehrfach Bundesminister. Als Innenminister war er seit 1989 einer der Architekten der Deutschen Einheit, das dürfte für ihn der Höhepunkt in seinem politischen Leben gewesen sein. Die Wiedervereinigung und Berlin als Regierungssitz. Ohne Schäubles flammende Rede für einen Umzug der Regierung nach Berlin, wäre der Bundestag vielleicht immer noch in Bonn. Denn es war knapp damals zwischen den Gegnern und den Befürwortern des Umzugs.

Der Kronprinz von Helmut Kohl

Schäuble hätte in seinem langen politischen Leben auch Bundeskanzler werden können, er war bereits auserkoren von Helmut Kohl als dessen Kronprinz. Doch die CDU-Spendenaffäre machte einen Strich durch diese Rechnung und Angela Merkel wurde die Nummer eins der CDU. Schäuble wurde auch als Bundespräsident gehandelt, doch im Schlussspurt fehlte die notwendige Unterstützung durch Angela Merkel. Auch als Regierender Bürgermeister von Berlin war Schäuble im Gespräch und als EU-Kommissar. Kurzum: einer, der für jeden hochkarätigen Job in der Politik in Frage kam, der souverän die Klaviatur des politischen Fädenziehens beherrscht und der dafür bereits das notwendige Netzwerk aufgebaut hatte, als Digitalisierung in Deutschland noch ein Fremdwort war.

Konstante am Kabinettstisch

Weil das mit anderen Jobs nicht klappte blieb Schäuble eben die Konstante am Kabinettstisch, ab 2005 erneut als Bundesinnenminister und später als Bundesfinanzminister. Selbst politische Gegner bescheinigten ihm auf diesem Posten das Bemühen um solide Finanzen.

Und dann, 2017, wurde Wolfgang Schäuble schließlich Präsident des Deutschen Bundestages. Es war zu erwarten, dass er sich auf diesem Posten stets politisch einmischen und keine Politik der ruhigen Hand verfolgen würde.

Vorwurf, Laschet in die Kanzlerkandidatur gedrängt zu haben

So richtig ins Rampenlicht rückte Schäuble noch einmal bei der Suche nach einem Kanzlerkandidaten der Union. Vor allem von Seiten der CSU wurde ihm dabei vorgeworfen, Armin Laschet in diese Kandidatur gedrängt und Markus Söder verhindert zu haben. Bayerns JU-Chef Christian Doleschal war so einer, der nach der Bundestagswahl Schäuble gerne aufs Altenteil geschickt hätte. Was den CDU-Chef Armin Laschet zu einer beispiellosen politischen Rückendeckung vor zwei Wochen auf dem Deutschlandtag der JU veranlasste:

"Ich sage hier in aller Klarheit: Ein solch verdienter Mann hat es nicht verdient, dass er von irgend jemanden aus dem Amt gedrängt wird. Ich werde das nicht dulden." Armin Laschet über Wolfgang Schäuble, beide CDU

Laschet und Schäuble werden, falls die Ampel-Koalitionsverhandlungen nicht doch noch scheitern, künftig als normale Abgeordnete auf der Oppositionsbank Platz nehmen. Wolfgang Schäuble wird von dort aus dann mit seiner langen Erfahrung und seinem Wissen einem möglichen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Ampelregierung auf die Finger schauen. Auch wenn Wolfgang Schäuble im kommenden Jahr seinen 80. Geburtstag feiern wird: Ganz will und ganz kann er sich wohl noch nicht aus der Politik verabschieden.

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