Eine Frau mit einem positiven Schwangerschaftstest (gestellte Szene). Nach wie vor ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland rechtswidrig.
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Bislang sind Abtreibungen in Deutschland verboten, auch wenn manche nicht strafrechtlich verfolgt werden. Eine Kommission prüft nun Änderungen.

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Abtreibung, Paragraf 218: Kommission empfiehlt Liberalisierung

Die Ampel-Koalition will das Abtreibungsrecht reformieren und betroffenen Frauen erlauben, in der frühen Phase ihre Schwangerschaft legal abzubrechen. Bislang sind alle Abtreibungen illegal, auch wenn manche nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuches sind in Deutschland grundsätzlich alle Abtreibungen verboten. Sie werden allerdings nicht strafrechtlich verfolgt, wenn die schwangere Frau den Abbruch in den ersten zwölf Wochen durchführen lässt und sich vorher bei einem Gespräch in einer Beratungsstelle informiert hat. Zwischen Beratung und Abbruch müssen dabei mindestens drei Tage liegen. Diese Regelung lehnt die Kommission, die die Bundesregierung eingesetzt hat, offenbar ab.

Schon jetzt zitiert der "Spiegel" aus einer Fassung des noch nicht veröffentlichten Abschlussberichts: "Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft ist nicht haltbar." Die aktuellen Regelungen im Strafgesetzbuch hielten einer "verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung" nicht Stand.

In den Wochen zwischen erstem Trimester, also den ersten drei Monaten, und Spätphase könne der Gesetzgeber nach eigenem Ermessen festlegen, "bis zu welchem Zeitpunkt er einen Schwangerschaftsabbruch mit Einwilligung der Frau erlaubt", zitiert der "Spiegel" aus dem Papier der Kommission. Ob an der Beratungspflicht festgehalten werde oder nicht, liege im Ermessen des Gesetzgebers.

BVG: Grundgesetz verpflichtet Staat zum Schutz des Lebens Ungeborener

Sobald der Fötus eigenständig leben kann, sollen Abbrüche aber weiter verboten bleiben. Diese Grenze liege den Fachleuten zufolge ungefähr in der 22. Woche seit Beginn der letzten Menstruation.

Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung oder bei Gefahr für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.

Die derzeitige Gesetzeslage gilt seit Mitte der 1990er Jahre. Nach der Wiedervereinigung und einem vom Verfassungsgericht in Karlsruhe kassierten liberaleren Bundestagsbeschluss hatten sich die Abgeordneten auf das noch heute gültige "Schwangeren- und Familienhilfe-Änderungsgesetz" verständigt. Das Bundesverfassungsgericht hatte seinerzeit eine Freigabe von Abtreibungen bis zur 12. Schwangerschaftswoche verworfen mit dem Argument, das Grundgesetz verpflichte den Staat, auch das Leben der Ungeborenen zu schützen.

Grüne wollten Neuregelung

Die Grünen hatten die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt: Eine eigens dafür eingesetzt Kommission sollte prüfen, ob und wie der Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs geregelt werden kann. Vor einem Jahr konstituierte sich das vor allem aus Juristen, Medizinern, Psychologen, Soziologen und Ethikern bestehende Gremium. 18 Personen gehören ihm an, 15 davon sind Frauen, darunter die frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Christiane Woopen, und die Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes, Maria Wersig. Der Juristinnenbund hatte bereits ein Gutachten erstellt, wie Paragraf 218 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden könnte.

Die Empfehlungen des Gremiums zur Abtreibungsfrage, aber auch zu Fragen einer Liberalisierung von Eizellspende und nicht-kommerzieller Leihmutterschaft wollen die Mitglieder erst am kommenden Montag in Berlin offiziell vorstellen. Vorausgegangen waren auch eine Anhörung mit Vertretern von Kirchen und Verbänden wie etwa Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen.

Zeitdruck am Ende der Legislaturperiode

Falls die nun bekannten Empfehlungen des Gremiums tatsächlich umgesetzt werden, muss sich die Regierung mit der Gesetzgebung sputen, damit der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode über ein Gesetz entscheiden kann. FDP-Politiker äußerten sich zurückhaltend über weitere neu geplante Änderungen.

Mit Informationen von AFP, epd und KNA.

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