Ein Schwangerschaftstest zeigt mit zwei Streifen eine Schwangerschaft an.
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Ein Schwangerschaftstest zeigt mit zwei Streifen eine Schwangerschaft an.

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Kommission empfiehlt Legalisierung früher Abtreibungen

Abtreibungen sollen nicht mehr grundsätzlich strafbar sein – das empfiehlt eine von der Ampelkoalition eingesetzte Expertenkommission. Die Union kündigte Widerstand gegen eine Neuregelung an. Die Bundesregierung möchte in Ruhe darüber diskutieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Ein Schwangerschaftsabbruch ist derzeit grundsätzlich strafbar (§ 218 StGB). Wer sich aber in den ersten zwölf Wochen für eine Abtreibung entscheidet und in einer Beratungsstelle war, darf die Schwangerschaft straffrei abbrechen. Bereits vor zwei Jahren hat Familienministerin Lisa Paus, B.90/Grüne, angekündigt, dass die Ampelkoalition das Strafgesetzbuch, den § 218, ändern möchte. Die Bundesregierung stehe an der Seite der Frauen, sagte die Ministerin.

Ein Jahr lang hat die Kommission an ihrem Bericht und den Empfehlungen gearbeitet – jetzt kommt sie zum Ergebnis, dass Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden sollten.

Die Rechtsprofessorin Liane Wörner, Mitglied der Kommission, von der Universität Konstanz erklärt, dass die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Abbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft nicht haltbar sei. Das bedeutet: Ein Schwangerschaftsabbruch soll bis zur zwölften Woche generell legal und straffrei sein – so die Empfehlung. Der Gesetzgeber sollte tätig werden und den Schwangerschaftsabbruch rechtmäßig und straflos stellen.

CDU/CSU sagt Nein und droht mit Klage

Die Union droht mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die bislang geltende Regelung habe sich über 30 Jahre lang bewährt, sagt Dorothee Bär von der CSU im BR24-Interview. Es sei bereits heutzutage einfach und straffrei möglich, bis zur zwölften Schwangerschaftswoche abzutreiben. "Das Einzige, was man machen muss", sagt sie, "ist, zu einer Beratungsstelle zu gehen, sich dort neutral beraten zu lassen." Dorothee Bär hält das für absolut zumutbar. Die geltenden Regeln sollten bestehen bleiben, sie hätten sich bewährt. Der § 218 habe für Rechtsfrieden gesorgt und deswegen sollte man ihn nicht ändern.

Das empfiehlt die Kommission

Die Experten-Kommission empfiehlt: In der Frühphase der Schwangerschaft, bis zur zwölften Woche, sollte der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch erlauben und somit entkriminalisieren. Es müsse dann sichergestellt sein, dass Frauen den Abbruch zeitnah in gut erreichbaren Einrichtungen mittels der von ihnen gewünschten und medizinisch empfohlenen Methode durchführen lassen können.

In der mittleren Phase der Schwangerschaft, bis zur 22. Woche, steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, bis zu welchem Zeitpunkt er einen Schwangerschaftsabbruch mit Einwilligung der Frau erlaubt und ab welchem Zeitpunkt er einen Schwangerschaftsabbruch nicht mehr erlaubt. Dabei soll gelten: Je fortgeschrittener das Gestationsalter ist – es entspricht der Dauer der Schwangerschaft – desto gewichtiger sind die Belange des Ungeborenen.

In der Spätphase der Schwangerschaft, ab der 22. Woche, sollte der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich nicht erlauben. Das soll rechtswidrig und verboten bleiben – wie bisher.

Ist die Gesundheit der Frau jedoch in Gefahr oder ist sie Opfer einer Vergewaltigung, soll ein Abbruch jederzeit straffrei sein.

Der Gesetzgeber sollte auch Maßnahmen auf den Weg bringen, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern, damit ließen sich Schwangerschaftsabbrüche vermeiden. Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen sollten gestärkt werden. Und verschreibungspflichtige Verhütungsmittel, wie zum Beispiel die Pille, kostenfrei zugänglich sein. Bislang sind sie das grundsätzlich nur bis zum vollendeten 22. Lebensjahr.

Zu wenige Angebote bei Schwangerschaftsabbrüchen

Die Versorgung der Frauen beim Schwangerschaftsabbruch ist nicht gut, sagt Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD). Auch das sei ein Ergebnis der Experten-Kommission. Es gebe vor allem zu wenige Ärzte, die Abtreibungen überhaupt vornehmen. Vor allem in Süddeutschland sei das ein Problem. Besonders in der Fläche sei es schwierig, eine Abtreibung in der Zeit veranlassen zu können, die geboten sei. "Daher müssen wir dort reagieren und das werden wir auch tun", so der Minister.

Die Versorgungslage in Bayern ist schlecht – bundesweit liegt der Freistaat von allen Bundesländern ganz hinten nach der aktuellen ELSA-Studie. Bei dieser Studie wurden 4.500 Frauen im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums zu ihren Erfahrungen mit ungewollten Schwangerschaften befragt. Fast ein Fünftel der Frauen in Bayern habe keinen angemessenen Zugang zu Kliniken oder Praxen, die Abbrüche durchführen.

Wie es weitergeht

Der Ball liegt jetzt bei der Politik, die Ampelkoalition will die Ergebnisse genau prüfen und dann entscheiden, ob die gesetzlichen Regeln beim Thema Schwangerschaftsabbruch geändert werden sollen. In Berlin im Bundestag ist in den kommenden Wochen mit einer sehr kontroversen Diskussion zu rechnen.

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