Collage: Israel und Iran-Flagge, davor ein Handy mit aktuellen News über eine Rede von Irans Revolutionsführer Ayatollah Ali Chamenei.
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Am Wochenende stand die Welt mal wieder am Abgrund. Nach dem Angriff Irans auf Israel ist offen, wie es weitergeht.

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Irans Angriff auf Israel und die Folgen – Was wir wissen

Die Sorge vor einer neuen Eskalationsstufe in Nahost ist groß: Nach dem Angriff Irans auf Israel ist offen, wie es weitergeht. Wie könnte ein israelischer Gegenschlag aussehen? Welche Rolle spielen die USA? Antworten auf diese und weitere Fragen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Angriff des Iran auf Israel hat am Wochenende die Welt in Atem gehalten. Wir klären nochmal die wichtigsten Fragen.

Warum hat der Iran Israel angegriffen?

Der Iran sieht den Angriff auf Israel als "Vergeltungsschlag". Am 1. April 2024 wurde ein Konsulargebäude auf dem Botschaftsgelände des Irans in der syrischen Hauptstadt Damaskus bombardiert und zerstört. Bei dem Angriff wurden 16 Menschen getötet, darunter zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden. Experten rechnen den Angriff Israel zu. Botschaften und Konsulate stehen im Völkerrecht eigentlich grundsätzlich unter besonderem diplomatischem Schutz. Allerdings gehören Botschaften nicht zum Staatsgebiet der Botschaft betreibenden Nation.

Der Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München, Carlo Masala, sagt im BR: "Der Iran beruft sich auf Vergeltungsschläge und tut so, als ob das völkerrechtlich legitim sei. Im Völkerrecht gibt's keine Vergeltungsschläge, es gibt nur Selbstverteidigung. Und der Iran wurde nicht angegriffen und hat damit auch kein Recht, Israel anzugreifen."

Wie hat der Iran Israel angegriffen?

Der Iran hat in der Nacht auf Sonntag rund 300 Raketen und Drohnen auf Israel abgefeuert. Keine der 170 Drohnen und keiner der 30 Marschflugkörper habe israelisches Gebiet erreicht, sagte ein israelischer Armeesprecher am Sonntagmorgen. Nur "wenige" der 110 ballistischen Raketen seien bis nach Israel durchgedrungen, eine habe den Luftwaffenstützpunkt Nevatim im Süden des Landes "leicht" getroffen.

Die iranische Armee erklärte hingegen, sie habe alle ihre Ziele durch den Angriff erreicht. Die beiden Hauptziele – ein Geheimdienstzentrum und die Militärbasis Nevatim – die mit dem Israel zugeschriebenen Angriff auf das iranische Konsulatsgebäude im syrischen Damaskus in Verbindung stünden, seien "beträchtlich beschädigt und außer Betrieb gesetzt worden", sagte Armeechef Mohammed Bagheri im Fernsehen. Westliche Experten sehen den Angriff definitiv als Misserfolg des Irans.

Warum lief der Angriff relativ glimpflich ab?

"Der Iran hat nicht sein schweres Potenzial eingesetzt, das er durchaus hat, um massiven Schaden in Israel beizuführen", sagt Carlo Masala im Interview mit BR24. Symbolisch sei der Angriff angesichts der Vielzahl von Drohnen und Raketen nicht gewesen. Der Angriff sei aber so konzipiert gewesen, dass der Schaden in Israel "minimal" gewesen wäre. Die meisten Geschosse wurden von Israels Abwehrsystem "Iron Dome" und mithilfe der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens abgefangen.

"Natürlich wollte der Iran etwas treffen [...] aber es ist nicht so, dass dieser Angriff so durchgeführt worden ist, dass es den Iranern klar war, dass im Prinzip keine einzige Drohne, keine einzige Rakete irgendein Ziel erreicht." Doch nicht nur deshalb hält Masala den Angriff des Iran für einen Fehlschlag, sondern auch, weil Israel auch von anderer Seite geschützt worden sei: von Saudi-Arabien und Jordanien. "Also arabische Staaten haben sozusagen dabei geholfen, dass Israel nicht angegriffen werden kann", so Masala.

Hat der Iran seinen Angriff angekündigt?

Noch lange bevor die Drohnen und Raketen israelisches Gebiet erreichen konnten, hatte der Iran sich zu dem Angriff geäußert. "Eine breite Drohnenoperation der Revolutionsgarden gegen Ziele im besetzten Land (Israel) hat vor Minuten begonnen", hieß es in den Untertiteln des Staatsfernsehens kurz vor Mitternacht. Zudem habe der Iran zwei Tage vor dem Angriff Saudi-Arabien und weitere arabischen Staaten von seinen Absichten in Kenntnis gesetzt, wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Regierungskreise in Ägypten und Saudi-Arabien meldet.

Der Iran selbst hat kein Interesse an einer offen ausgetragenen Eskalation mit Israel, wie Experten immer wieder betonen. "Die Iraner haben durchaus Angst, dass die Amerikaner aktiv in dem Konflikt gegen den Iran vorgehen könnten", sagt Carlo Masala. Der Iran sei sich seiner eigenen Schwäche bewusst, einen massiven Gegenschlag seitens Israels und der USA mit schwersten Verlusten würde das Regime wohl nicht überleben. Der Iran hatte zudem direkt nach dem Angriff verkünden lassen, keine weiteren Angriffe auf Israel zu planen.

Wie wird Israel und wie wird der Westen reagieren?

Der Experte Eldad Schavit von dem israelischen Institut für Nationale Sicherheit (INSS) sagte am Sonntag: "US-Präsident Biden bevorzugt eine koordinierte diplomatische Reaktion der G7-Führer gegen den Iran und hat Regierungschef (Benjamin) Netanjahu klargemacht, dass die USA an Israels Seite stehen, aber gegen eine Gegenattacke sind und an einer solchen sicherlich nicht teilnehmen würden." Die G7 erwägen nach dem iranischen Angriff auf Israel weitere Sanktionen gegen die Islamische Republik.

Israels Staatsführung hat Medienberichten zufolge noch nicht entschieden, wie sie auf den iranischen Angriff vom Wochenende reagieren soll. Das Kriegskabinett habe bei den mehr als dreistündigen Beratungen am Sonntagnachmittag keinen Beschluss über das weitere Vorgehen gefasst, berichtete die Zeitung "Times of Israel". In den kommenden Tagen sollten weitere Gespräche geführt werden, meldete auch das Nachrichtenportal "Axios" unter Berufung auf einen israelischen Beamten. Bei der Sitzung seien mehrere Optionen für einen möglichen israelischen Vergeltungsschlag erörtert worden.

"Eine israelische Antwort wird kommen, und zwar auf iranischem Boden", schreibt Tamir Hayman auf der Online-Plattform X. Hayman war früher Chef des israelischen Militärgeheimdienstes und leitet nun das Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS).

Karte: Angriffe auf Israel

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